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Das Andere in Europa

Liebe Elize,

die Revolution der poetischen Sprache ist so spannend und beim Lesen
kommt mir immer wieder die Semiosphäre in den Sinn. Auch wenn es zwei
ganz unterschiedliche Konzepte sind, ist es ja bei Kristeva ebenso wie
bei Lotman: die Wichtigkeit der Grenze, an der erhöhte semiotische
Aktivität (im Sinn Lotmans)/neuer Sinn entsteht. Lotman führt den
Begriff der Grenze ein, um die Eigenschaften der Semiosphäre von
Heterogenität, Asymmetrie und Binarität durch eine weitere Kategorie zu
erweitern. Die Grenze in der Semiosphäre ist ja gerade für meine Arbeit
und die Konstruktionen/Wahrnehmung von Fremdheit sehr entscheidend.
Kristeva hingegen beutzt für ihr Modell vom Semiotischen und
Symbolischen, die thethische Grenze, die zwischen dem Chaos der
semiotischen Chora (auch hier wie bei Lotman ein “Raumkonzept”) ohne
feste Bedeutung und des Symbolischen “vermittelt”. Das Symbolische ist
nur das gesellschaftliche Produkt der Beziehung zum Anderen. Dort
entsteht Bedeutung und dieser Prozess der Bedeutungskonstitution hat
auch einen identitätsstiftenden Charakter für das Subjekt. Der
sprachliche Signifikant repräsentiert so das Subjekt, allerdings “nicht
das thetische ego, sondern den Prozess seiner Setzung.” Die semiotische
Chora selbst vermittelt auch zwischen dem Körper und dem Geistigen,
Symbolischen. Genau wie Lotman legt Kristeva besonderen Wert auf die
Dynamik/die Prozesshaftigkeit (Subjekt in einem steten Prozess, ständige
Neusetzung der Grenzen). Für beide wichtig ist der Dialogbegriff von
Bachtin, ein endloser Dialog, der, als Prozess der Auseinandersetzung
mit dem Fremden nicht abgeschlossen werden kann. (Folge dann:
Integration nicht möglich?)
Ich habe das Gefühl, dass ich mich noch intensiver mit Kristeva
auseinandersetzen muss, vor allen Dingen muss ich Fremde sind wir uns
selbst wieder und wieder lesen, nachdem ich langsam in ihr Denken
eindringe. Während ich bei der Semiosphäre das Gefühl habe, ein Konzept
zu haben, dass ich sehr gut auf Fremdheit anwenden kann und auch der
historische Überblich und auf Europaebene Völkerwanderung/Fremdheit für
mich fassbar scheinen, erscheint mir zwischen der Ich-Genese (Ich
konstituiert sich mit der Bedeutung und ist immer körperlich,
Spiegelstadium, die Subjektbildung nach der Trennung vom Mütterlichen,
die Unterscheidung von Eigenem und Fremden, Ich ist ein Anderer) und den
Konstruktionen von Fremdheit ein grosser Abschnitt zu liegen, wie ein
leerer Raum, den ich füllen muss. Damit habe ich zur Zeit Probleme.
Ich habe mir überlegt, in 2 Wochen nach Lüneburg zu fahren, um auch an
dem Magistrandenkolloquium am 30. April teilzunehmen, hast du dann auch
Zeit für eine Sprechstunde? Werde vom 27. April bis 1. Mai in Lüneburg sein.
Danke für das schöne Humboldt Zitat, das jetzt ausgedruckt über meinem
Schreibtisch hängt…

Wünsche dir ein schönes Wochenende,
bis bald

Sabine

One Response

  1. Exposé zur Magisterarbeit mit dem Titel
    „Werte als ökonomischer Faktor in der Unternehmenskultur“

    Wenn von Werten die Rede ist, stellt sich prinzipiell die Frage, ob etwas ein Wert ist oder ob etwas einen Wert hat. In dieser Magisterarbeit wird ein Wert substanziell als etwas verstanden, von dem behauptet wird, dass er in bestimmter Weise und in einem bestimmten Grad zur äußeren oder inneren Existenzerhaltung eines Lebewesens, einer Gesellschaft oder auch einer ganzen Kultur beiträgt. Dass letztlich Unternehmenswerte auch in attributiver Weise den Wert einer Sache, nämlich eines Unternehmens selbst, darstellen und steigern können, spiegelt der ökonomische Ansatz der Arbeit wider.

    Um dem Wertebegriff und seiner Bedeutung in einer Gesellschaft nachzugehen, wird er zunächst von Normen und Tugenden abgegrenzt und trägt zu einer Basis schaffenden Werte-Definition bei. Es wird den Ursachen, der Entstehung sowie den Funktionen und Eigenschaften von Werten im Gesellschaftssystem nachgegangen und in diesem Zusammenhang auch die Grund- und Menschenrechte in Staat und Gesellschaft ethisch beleuchtet. Werte werden hier als kulturelles und gleichzeitig auch ökonomisches Kapital betrachtet und im Hinblick auf einen auch heute beobachtbaren Wertewandel diskutiert.

    Die Arbeit fokussiert insbesondere auf die Unternehmenskultur und wird nach einer Kultur-Definition auf die Entstehung der Bedeutung einer Unternehmenskultur in Deutschland eingehen. Heute wird Unternehmenskultur als maßgebliches Segment der Betriebswirtschaftslehre verstanden. Betriebswirtschaftliches Denken kommt nicht um die Erkenntnis herum, dass eine erfolgreiche und gelebte Unternehmenskultur klar als Wettbewerbsvorteil deklariert werden kann. Das Wissen um die eigene Kultur ist aus diesem Grund als ökonomische Kompetenz zu verstehen und muss insbesondere auf Führungsebene, im gesamten strategischen und konzeptionellen Spektrum des Unternehmens, als solche implementiert werden. Unternehmenskultur wird im Rahmen der Arbeit als Kommunikationsform definiert und Werte als Teil der Unternehmenskultur verstanden. Symbole, Sprache, Mythen, Geschichten, Erzählungen und Anekdoten sowie die Mitglieder eines Unternehmens formen ihre individuelle Kultur und tragen die Werte und Grundannahmen ihrer Kultur nach innen und außen.

    Die wissenschaftlich-theoretischen Erkenntnisse werden schließlich um ein signifikantes Modul der Arbeit ergänzt: Eine exemplarische empirische Befragung mehrerer großer und in Hamburg ansässigen Unternehmen liefert die qualitative Basis. Im Vordergrund steht hierbei die Bedeutung von Werten in der jeweiligen Unternehmenskultur und ihre Zweckmäßigkeit sowie ihre Umsetzung in der täglichen Arbeit. An exemplarischen Beispielen konkreter Unternehmen wird den Fragen nachgegangen, wie die spezifischen Unternehmenswerte im jeweiligen Unternehmen entstanden sind, welchen Grundannahmen sie folgen und wie sie definiert wurden. Weitere Fragestellungen gehen der Auslebung und Wirkung von Unternehmenswerten in der Unternehmenskommunikation nach: Wie werden die Werte kommuniziert und inwiefern sind sie in der
    Unternehmenskultur verankert und beobachtbar.

    Stefanie Schlaug
    (Angewandte Kulturwissenschaften mit der Fächerkombination BWL, Sprache & Kommunikation, Medien & Öffentlichkeitsarbeit)

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